Höhenmeter im Heidiland
Juli 16, 2023

Auf diesen von Teddy über GE organisierten 2-Täger habe ich mich schon lange gefreut. Zwei gut genutzte Tage im Rätikon und auf der Grenzlinie zum Fürstentum Liechtenstein warten auf eine muntere sechsköpfige Gruppe. Erst kürzlich war ich ferienhalber in der Region und hatte das Bergmassiv bewundert. Der Gedanke «da werde ich bald auch oben sein» realisiert sich also an diesem heissen Wochenende.

Start ist um 9 Uhr in Fläsch. Um nicht schon kurz nach dem Mittag in der SAC-Hütte zu sein, gehen wir zuerst durch den Wald zum Fläscher Leiternweg, der an einer früheren Felsfestung vorbeiführt. Dies ist eine alternative Route zum Regitzerspitz und beglückt uns mit einer kurzen, gesicherten Kletterpartie an steilen Felsen, inkl. zwei Leitern. Den ersten Spass dürfen wir verbuchen. Durch einen kurzen Waldabschnitt kommen wir am Guschaspitz vorbei. Kurz darauf werden wir von einer gemischten Viehherde begrüsst, wobei die gut frisierten Schottischen Hochlandrinder mit ihren ausladenden Hörnern auffallen. Ich liebe ihr top-modisches Langhaar-Styling :o) Auf dem Regitzerspitz verweilen wir und geniessen die Aussicht ins Rheintal Richtung Chur und Sargans.

Via St. Luzisteig wenden wir uns dem Steigwald zu und wandern in der prallen Sonne auf dem Gleggtobelweg. Der plätschernde Bergbach bietet eine willkommene Gelegenheit zur Abkühlung, wenn diese auch nur kurz andauert. Beim Enderlinstein geht’s linkerhand die letzten schwitzigen Höhenmeter hinauf. Mir macht die Hitze heute sehr zu schaffen. Die anderen scheinen weniger Mühe zu bekunden und warten immer wieder auf mich, wie lieb. Trotz hochrotem Kopf erfreue ich mich der einzelnen braunroten Stendelwurzen unterwegs. Ich liebe wilde Orchideen.

Bei der eher einfach ausgerüsteten Enderlinhütte begrüssen uns wenige Menschen. Nebst dem dieses Wochenende zuständigen Hüttenwart sind wir insgesamt nur zehn Gäste und ein chilliger Hund. Da diese Hütte nicht so oft frequentiert wird, bringen wir unser eigenes Brot mit. Andere, gut zu lagernde Lebensmittel gibt’s in der Hütte. Dank des prima Wetters essen wir draussen auf der kleinen Terrasse. Frischer Salat und Spaghetti Bolo – herrlich und verdient, nach den heutigen zirka 1’500 Höhenmetern.

Der kommende Morgen beginnt neblig. Mein erster Gang ist zum ein paar Schritte entfernten Plumpsklo. Noch halb verschlafen gehe ich vorsichtig die sehr steile Treppe vom Matratzenlager zum Aufenthaltsraum hinunter und trete nach draussen in die Kühle. Kurz später sitzen wir alle beim Frühstück. Da ich die Info wegen dem Brot nicht mitbekam, offerieren mir die anderen von ihren Laiben. Es reicht locker für alle. Wir ziehen bald los. Noch immer hängt der Nebel zäh an den Bergflanken. Ich bin wie immer zuversichtlich, dass der Himmel noch aufreisst. Feuerlilien leuchten in ihrem knalligen Orange durch das Grau. Die Flora ist während dem Aufstieg durch das Falknisbargün zahlreich und wird von Teddy fleissig abgelichtet. Schritt für Schritt geht’s hinauf und plötzlich dringen die ersten Sonnenstrahlen durch die Nebeldecke. Verwunschen zeigen sich die Felswände – wow. Der Simelenturm sieht im Gegenlicht der Sonne und dem restlichen Nebelschleier gespenstisch aus. Ich freue mich, dass es gerade jetzt besser wird, denn die folgende Passage führt spektakulär an einer steilen Felswand vorbei. Der schmale, fussbreite Pfad führt im Zickzack weiter hoch bis zum Fläscher Fürggli. Jetzt haben wir freie Sicht ins Fläscher Radaufis, ein schönes Tal mit drei blau schimmernden Seen. Auf dem Fürggli machen wir eine Pause und snacken ein paar Kleinigkeiten.

Bei mittlerweile prächtigem Wetter und wärmendem Sonnenschein nehmen wir den letzten Anstieg zum Falknis unter die Füsse. Nach einer weiteren Stunde stehen wir auf dem Gipfel, genauer dem Falknisspitz. Zwischen dem Blockfels zieht der Wind kräftig hindurch, sodass wir uns in einer geschützten Ecke zum Lunch niederlassen. Hier haben wir einen wunderbaren Dreiländer-Ausblick. Ich schaue den vereinzelten, vorbeiziehenden Nebelschwaden zu. Durch den starken Wind verändern sie ihre Form ständig. Trotz des beachtlichen Tempos finde ich das Ganze beruhigend. Meine Gedanken lasse ich für einen Moment schweifen.

Vorbei am Mazorakopf erreichen wir nochmals über ausgesetzt felsige Stellen das Falknishorn. Mir gefällts. Da es langsam wieder eben und bergab geht, komme ich gut mit. Wir wandern wieder über vermehrt bewachsene Halden. Bei der Verzweigung Guschasattel nehmen wir den Weg entlang dem Guschagrat zum Mittlerspitz. Unterwegs blöken uns einige Schafe an. Der letzte kleine Gipfel auf unserer Tour ist erneut von Nebelschwaden umgeben. Kurz öffnen sich ein paar klare Fenster, und wir können wieder in die Täler blicken. Irgendwann macht sich bei den meisten von uns der Abstieg von insgesamt 2’000 Höhenmetern bemerkbar. Die Zeit reicht noch, um beim Alprestaurant Guscha etwas Kühles zu trinken. Nun folgt die letzte knappe Stunde auf einem guten Waldkiesweg. Vorbei am Guschaturm und dem eidgenössischen Waffenplatz St. Luzisteig erreichen wir die Postautohaltestelle. Müde aber überglücklich blicke ich ein letztes Mal zum Falknismassiv hoch.

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