Ein wunderbarer Freitag und früh geht’s los. Brunnen respektive der Urmiberg ist Etappenziel Nummer 1. Diesmal geht’s mit der Seilbahn hoch, denn unsere Kraft brauchen wir für die bevorstehende Wanderung auf die Rigi Hochflue. Der alpinste Rigi-Gipfel muss in der Tat erklommen werden, hier fährt keine Bahn hoch. Alle Routen sind weiss-blau-weiss gekennzeichnet, sprich alpine Erfahrung ist nötig.
Ich hatte für mich ursprünglich den Aufstieg via Ostgrat vorgesehen, doch mein erneuter und topfitter Wanderbegleiter Armando meint: Du schaffst das auch über die Platten. Schwierigkeit? T5! Mit Klettern Grad II (UIAA-Skala). Soso… Die Routen- und Bildrecherche kündigt mir das kraxlige Abenteuer an.
Ab Alp Egg schreiten wir quer über die Wiese dem Waldrand entgegen und entdecken schon bald das rote Schild „nur für Kletterer“. Wir sind auf dem richtigen Pfad. Ja Pfad, denn mehr als drei Füsse breit ist es während des gesamten Aufstiegs nicht. Auf der einen Seite geht’s steil rauf, auf der anderen steil runter. Tierknochen verraten, dass hier durchaus Absturzgefahr droht. So sind unsere Schritte stets wohl gewählt.
Bald schon folgt die schroffe Felswand und kurz darauf stehen wir vor der zirka 22 Meter hohen, praktisch senkrechten Kletterpassage mit Eisenklammern. Ich sichere mich, während Steinbock Armando ruckzuck oben ist.
Der Weg führt interessant über die mit üppigem Gras und knorrigen Bäumen bewachsene Südostflanke der Rigi Hochfluh, stetig dem Himmel entgegen. Die Temperatur steigt auch kontinuierlich nach oben, und ich werde in diesem steilen Gelände immer langsamer. Nach einer Querpassage entlang einer seilgesicherten Felswand sitzt mein Begleiter bei der Gamelle, worin sich die Beschreibungen für die verschiedenen, mit originellen Namen versehenen Kletterrouten über die Kalkplatten befinden – Thedys Gärtli genannt. Wir nehmen die „Wander-Variante“ für den weiteren Aufstieg über die blanken Felsplatten. Dieser Pfad dient den Kletterern als Fussabstiegsroute. Also, bei der Gamelle rechts halten, am Einstieg der Kletterroute „Männertrü“ vorbei, und bald darauf ist wieder ein Seil mit Knoten sichtbar. Aha, nun geht’s hier hoch. Und im Anschluss gleich eine Felsrinne, die mit einer Kette gesichert ist.
Endlich auf der knapp 1‘700 Höhenmeter liegenden, schwyzer Kalkpyramide angekommen bin ich erst einmal fix und foxi. Ich tanke neue Energie mit Verpflegung aus dem Rucksack.
Der Abstieg über die Kalkplatten zur Zilistock Alp ist gut mit Drahtseilen gesichert. Nun beginnt der durch den Wald führende, schattige Teil unserer Wanderung. Im Bärfallen-Beizli löschen wir mit einem sauren Most den Durst und geniessen im Liegestuhl fläzend die fantastische Aussicht. Welch traumhaftes Plätzchen zwischen dem dichten Wald. Bald schon nehmen wir den restlichen Teil des 1‘300 Höhenmeter messenden Abstiegs unter die Füsse. Der Vierwaldstättersee naht, und wir freuen uns aufs Abkühlen im See. Doch uns soll auf dem Weg nach Brünischart noch eine bessere Badevariante erwarten. Fast zum Schluss der Wanderung queren wir noch einmal den Bach des Sulztals und sehen gegen oben die einladende, breite Felsfläche, an der gemächlich Wasser herunterfliesst. Es gibt ein paar flachere Stellen und dort muss sich doch das Wasser sammeln? Und tatsächlich eignet sich ein kleines Becken als unser Swimmingpool. Natur-Wellness inmitten im grünen Wald, umgeben mit Vogelgezwitscher – was willst mehr? Einfach herrlich!
Fazit:
Ich habe mich mutig an eine weitere Schwierigkeitsstufe herangetastet (Komfortzone ist es noch nicht) und meine Kletterfertigkeiten trainiert.
Ich durfte eine wunderbare, nach allen Seiten freie Aussicht geniessen, und nach einem anspruchsvollen Abstieg in einem Naturpool den schwitzenden Körper abkühlen.
Ich danke meinem Begleiter für die Motivation, das Vertrauen und die Geduld mit mir als T5-Neuling.