Schneeschuh- und Schlittelplausch
Februar 15, 2025

Das Wochenende kündigt sich mit Prachtswetter an. So endet meine Suche nach einem Hotelzimmer schliesslich in Bergün. Ich ergattere mir noch ein Einzelzimmer im Hotel Piz Ela, das sich einem ursprünglichen Stil mit entsprechender Einrichtung verpflichtet hat. Viele Möbel im Landhausstil sind aus früheren Zeiten – robust, kunstvoll bemalt, urchig.

Die Baugeschichte reicht zurück bis ins Mittelalter. Es war ursprünglich ein Bauernhaus, das nach und nach erweitert wurde, bis es 1713 die endgültige Grösse und Gestalt erhielt. Im goldenen Zeitalter der Familie von Salis wurde das Haus anfangs des 18. Jahrhunderts zu einem Herrschaftssitz ausgebaut. Irgendwann wurde es zum Hotel und viele Reisende nächtigten im Chesa Cuetschna (rotes Haus) bereits vor Hunderten von Jahren.

Bei meiner Ankunft in Bergün zeigt sich ein reges Treiben. Menschen mit eigenen und gemieteten Schlitten bepackt drängen sich in den Zug nach Preda. Genauso geschäftig geht es bei der Sesselbahn her und zu. Denn auch hier gibt es einen Schlittelweg. Mit den Schneeschuhen bin ich ein absoluter Exot. Ich möchte zum Bergüner Hausberg, dem Piz Darlux auf 2’641 m aufsteigen, da ich mir hier mehr Einsamkeit verspreche. So ist es: Auf dem gesamten Trail ab der Alp Darlux sehe ich nur gerade etwas zehn Menschen. Ich stapfe durch eine Schicht herrlichen Neuschnees. Das Bergpanorama ist einzigartig. Ich kann mich fast nicht sattsehen. Auf dem Piz Darlux geniesse ich alleine die fantastische Bergwelt. Vom Piz Elà zum Piz Kesch, vom Val Tours bis weit zurück in Richtung Tiefencastel reicht der Ausblick. Ich kann sogar den Bergsturz von Brienz sehen. So verweile ich eine gute halbe Stunde hier oben, mitten im Weiss und Blau von Schnee und wolkenlosem Himmel. Es ist ein wahrer Traumtag.

Auf dem Weg hinunter verabschiedet sich ein Teller meiner Wanderstöcke. Ich merke es erst viel später. Neben meinem gebuchten Hotel gibt es ein Sportgeschäft. Ersatz ist schnell gekauft, und ich muss die folgenden Tage nicht unendlich tief und ohne Halt in den Schnee stochern. Es sind ja schliesslich Wanderstöcke und keine Schnee-Zahnstocher.

Zum Abendessen gönne ich mir selbstverständlich eine Bündner Spezialität: Pizokel. Das Gericht gefällt mir sehr, der zugeteilte Tisch im hoteleigenen Restaurant weniger. Ich sitze etwas eingepfercht zwischen anderen Gästen. Immerhin wärmt der Kachelofen den Rücken.

Den zweiten Tag meines verlängerten Wochenendes verbringe ich bei den Gletschergrotten des Morteratsch – siehe separater Bericht.

Am dritten Tag, noch gestärkt von den leckeren Capuns vom Vorabend (ist bei mir ein Standardmenü im Bündnerland), packe ich nach dem Frühstück meine Sachen zusammen. Heute will ich den Schneeschuhtrail beim Palpuognasee absolvieren. Die Schlittelgäste sind wieder heimgekehrt – heute ist der Rummel deutlich geringer. Ich steige in Preda aus und mache mich parat. Durch einen schönen Wald stapfe ich bis zum See. Dieser ist jetzt gefroren und schneebedeckt. Rund um den See führt ein Weg. Ich entdecke viele verschiedene Tierspuren im Schnee. Sehen tue ich nur ein Buntspecht. Ich horche eine Weile seinem Klopfen. Je nach Holz hallt es unterschiedlich in der Klangfarbe zu mir hinüber. Der Palpuognasee ist bekannt für seine tollen Spiegelbilder. Nur gerade im hinteren Teil des Sees liegt eine Stelle offen durch den Zufluss. So gelingt es mir, trotz Schneedecke noch ein paar solche Fotos zu machen. Ich kann nur erahnen, wie es aussehen muss, wenn der See in seiner ganzen Fläche die imposante Berglandschaft spiegelt.

Palpuognasee

Der Trail führt auf einem Hügelzug weiter. Die Sonne wirkte hier schon stärker ein. An einigen Stellen schaut die Wiese hervor. Auch hier sichte ich unzählige Tierspuren im Schnee. Wer war hier wohl unterwegs? Fuchs, Hase, Eichhörnchen, …?

Am Bahnhof von Preda entscheide ich mich spontan, für den Rückweg einen Schlitten zu mieten. Ich wähle ein spezielles «Lady»-Modell – logisch, oder? Auf der sechs Kilometer langen Strecke entlang der Albula Passstrasse kurve ich lässig hinunter. Ich geniesse die rasante Fahrt, vor allem weil heute fast niemand unterwegs ist – freie Bahn sozusagen. Der Schlittelspass ist ein krönender Abschluss meines verlängerten Wochenendes in den winterlichen Bergen. Cool war’s!

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