Ich bin heute eine unter Vielen, die mit dem Alpinbus bis zum Naturfreundehaus Fronalp hochfahren möchte. Zusammen mit den anderen Gästen bringt mich der Alpinbus ab dem Bahnhof Näfels-Mollis bergwärts. Die kecke Lenkerin mit jahrelanger Erfahrung hier gibt uns während der Fahrt Informationen über die Gegend und teilt lustige Erlebnisse. Ausserdem beweist sie ihre teils kühnen Fahrkünste auf der engen Strasse beim Kreuzen mit diversen landwirtschaftlichen Motorfahrzeugen. Die Bauern bringen die letzten Tiere ins Tal, denn der erste Schnee ist schon gefallen.
Auf der Fronalp gibt es zuerst einen Startkaffee im Naturfreundehaus. Der Ausblick zum nahen Klöntalersee, dem Glärnischgebirge, Rautispitz und entfernter dem Clariden und Tödi ist beeindruckend. Bald ziehe ich los und nähere mich Schritt für Schritt der Alp Mittler Stafel. Der fleissige Hofhund legt mit immer länger werdender Zunge etliche Kilometer zurück zwischen Hof und den Älplern. Sie erledigen die letzten Arbeiten der Saison, verräumen Utensilien, machen Zäune winterfest und reparieren entstandene Defekte an Geräten. Angekommen bei der Alp Ober Stafel gehe ich durch Schnee. Die weisse Decke ist rund zehn Zentimeter dick. Es lässt sich also noch gut wandern. Ab dem Fronalppass nimmt der Schnee etwas zu, um den Aufstieg danach wieder freizugeben. Rutschig ist es durch die Nässe allenthalben. Das Panorama wird immer grandioser. Das Mürtschenstockmassiv ist weiss überzuckert und hinüber zum Schilt, Rotärd, Schwarzstöckli und Gufelstock liegt alles unter einer weissen Schneehaube.
Ich nähere mich via dem Zellsegg-Grat dem Kamin, einem gesicherten T4-Abschnitt. Währenddem noch ein Mann absteigt, warte ich unten beim Einstieg und beobachte, welche Felsen er als Tritte nutzt. Man weiss ja nie, ob das was helfen wird. Doch die Spass-Kraxelei durch eben diesen Kamin geht flott. Nur in einem kleinen Schattenloch liegt Schnee. Umso mehr hat Frau Holle ihre Decken geschüttelt nach dem Kamin und bis zum Gipfel. Die Schneedecke ist hier dicker, und ich ärgere mich kurz, weshalb ich die Grödel zu Hause liess. Mit vorsichtigen Schritten geht es gut nach oben, abrutschen möchte ich keinesfalls. Der Fronalpstock-Gipfel begrüsst mich mit einer Hammeraussicht und einem metallenem, in Silber leuchtendem Kreuz. Ein kleines Zwerglein baumelt an einer Eisenstrebe. Es scheint allen Gipfelstürmern «Hallo» sagen zu wollen. Es zieht ziemlich hier oben. So esse ich nur eines der mitgebrachten Brötchen, trage mich mit schon wieder fast klamm gewordenen Fingern ins Gipfelbuch ein, und stapfe alsdann wieder vorsichtig durch den Schnee. Auf dem Weg hinunter ist noch mehr Vorsicht geboten, da ein Wegrutschen eher möglich ist.
Und schon stehe ich wieder vor dem Kamin und warte, bis andere, vor mir Wandernde alle ganz unten sind. Dann kraxle ich durch den Kamin hinunter und lasse meine Füsse bis zum Fronalppass «auslaufen». Jetzt will ich in die Richtung des Spaneggsees gehen. Wegmarkierungen sind kaum welche sichtbar, doch die Fortführung ist anhand des gelben Wanderwegweisers klar. So gehe ich über die schneebedeckten Weiden querfeldein und finde weiter unten wieder in den offiziellen Wanderweg. Bis zur Weggabelung Hummel treffe ich auf keine anderen Menschen mehr. Ich geniesse die Stille inmitten der Berge. Die Sonne wärmt mein Gesicht. Die Imprägnierung meiner Wanderschuhe ist allerdings nicht mehr top. Ich spüre leicht nasse Socken.
Auf dem steiler werdenden Abstieg zum Talalpsee wird es wieder etwas «geschäftiger». Dennoch lässt sich die Anzahl Menschen während meines Marschs durchs Hinter Tal an beiden Händen abzählen. Erst als ich mich dem Talalpsee nähere, ertönen mehr Stimmen. Die meisten Besucher kommen vom Berggastaus Habergschwänd her oder sind mit dem Auto bis zum Parkplatz hinaufgefahren. Eine kurze Trinkpause im Restaurant Talalpsee muss sein.
Nun suche ich einen guten Weg nach Filzbach. Die geteerte Fahrstrasse möchte ich nämlich meiden. Doch schau, was zeigt mir die Wanderapp beim Hineinzoomen: Da gibt es noch ein kleines, teils von Felswänden gesäumtes Bächlein. Als ich ins Hüsliloch abzweige, schauen mich einige Leute etwas verwirrt an. Bleibt ihr nur, wo ihr seid. Ich möchte durch dieses schmucke, wildgrüne und märchenhafte Tälchen gerne alleine gehen und meine Ruhe haben. Dem ist schliesslich so, denn auch die weidenden Kühe blicken ziemlich überrascht drein, als ich ihre Einzäunung passiere. Ein herrlicher und mystischer Abschuss dieses Wandertags.