Kleine Seilbahnen – gigantisches Kreuz
Juli 27, 2024

Das markante, über zehn Meter hohe und daher von weitem sichtbare Kreuz des Schwyzer Gipfels Rophaien ist heute mein Ziel. Also, der Berg ist mein Ziel. Die Gipfelkreuze brauche ich nicht wirklich; die stehen nun eben auf jeder auch nur minimsten Erhebung in den Alpen. Manche sind ja ganz schön gestaltet. Dieses hier ist einfach nur klotzig.

Der Rophaien lässt sich von verschiedenen Seiten besteigen. Ich entscheide mich aufgrund der zu erwartenden Temperaturen, dem Sonnenstand und den ÖV-Verbindungen für die Route ab Chäppeliberg.

Ein mit wanderfreudigen Menschen überfüllter und vom Chauffeur souverän über die schmale Strasse gelenkter Kleinbus bringt mich ins Riemenstaldner Tal bis zur Talstation der Seilbahn Chäppeliberg – Gitschen. Ich erhalte nach dem Bezahlen der Bergfahrt eine urtümliche braune Kartonkarte mit Nummer 65. Hier geht es strikt der Reihe nach. Vordrängeln ist keine Option, man wird aufgerufen. Wer zu früh in der kleinen Kabine sitzt, wird freundlich aber bestimmt wieder hinaus gebeten. So darf die Dame, mit der ich mich unterhalte, erst zur nächsten Fahrt antreten.

Oben angekommen, marschiere ich gleich los. Auf dem Weg zwischen einem kleinen Tal hindurch schaut mich ein erstauntes Felsgesicht an. Ich gehe ruhig weiter, das Felsgesicht behält den Mund verblüfft offen. Bald erreiche ich die Alp Rotenbalm. Der Senn mit seinem Hund kreuzt meinen Weg. Alles in Ordnung, das Vieh ist dort wo es sein soll. Über das Firtiggrätli wandere ich hoch zum Äbneter Stöckli. Nun bewege ich mich auf dem Grat gehend genau auf der Gemeindegrenze von Sisikon und Flüelen. Die Sicht in beide Täler gefällt mir. Ich sehe einen Tümpel mit lustiger Grasbewachsung, die der Zahl 3 ähnelt, oder auch wie ein OM-Zeichen aussieht. Muss wohl das OM-Seeli sein 😉 Pflanzenmässig gibt es heute auch einiges zu entdecken: Kugelorchis, Purpurenzian, verschiedene prächtige Glockenblumen; ansonsten die übliche Alpenflora.

Die abwechslungsreiche Grattour mit ein paar ausgesetzten Stellen entspricht genau meinem Geschmack. Heute komme ich jedoch energietechnisch irgendwie nicht in die Gänge und kämpfe mich den Wanderweg hoch. Schliesslich passiere ich die Roten Chöpf – eine spannende Felsformation. Einen (hoch)roten Kopf habe ich übrigens auch – da kann ich problemlos mithalten.

Eine letzte kurze und seilgesicherte Felspassage und ich stehe auf dem Rophaien. «Würkli huere gross, da Chrüz.» Immerhin spendet es etwas Schatten. Das riesige Gipfelkreuz wird übrigens am Nationalfeiertag beleuchtet. Wenn du mehr über die Entstehungsgeschichte lesen möchtest, klicke auf den Link (aufgerufen am 11.08.2024): https://flueelen.ch/ig-pro-rophaienkreuz

Der Blick auf den Urnersee, ins Gruontal, hinüber zum Wanderklassiker Chlingenstock – Fronalpstock, und das ganze Panorama mit den Gipfeln Gitschen, Uri Rotstock und Oberbauen ist wegen der Hitze etwas flimmerig. Nach den üblichen Gipfelfotos und Picknick begebe ich mich auf den ziemlich steilen Abstieg. Jetzt, wo ich in der prallen Sonne absteige, bin ich froh, den Rophaien anders herum zu begehen. Es wäre wohl auch schon am Vormittag schweisstreibend gewesen (und auch einige Höhenmeter mehr).

Ich sehe mehrere Wildheuer auf den steilen Teischplanggen bei der Arbeit. Sie rechen das gemähte Gras zusammen. Auch ihnen ist die Hitze ins Gesicht geschrieben. Unter einem schattenspendenden Baum entdecke ich einen herzigen Junghund, der hier geduldig auf seine Menschen wartet. Ein kurzes Kraulen muss sein. Das letzte Wegstück ist ein Teil des Wildheupfads und führt durch ein wunderbares Waldstück.

Von der Hitze schon fast erschlagen erreiche ich das Bergrestaurant Oberaxen. Auf der schattigen Terrasse geniesse ich einen Orangenmost und einen Kaffee mit Vanilleeis. Nachdem mein Gesicht wieder eine etwas natürlichere Farbe angenommen hat, folgt jetzt noch die abenteuerliche Fahrt mit der Seilbahn. In der 1998 erbauten Bahn mit den zwei blauen Kabinen können je vier Erwachsene sitzen. Ich freue mich auf die sieben Minuten dauernde Fahrt hinunter nach Flüelen Gruonbach, führt sie doch über die steilen Felsen des Geissrüggens.

Das Geräusch eines Helikopters erregt meine Aufmerksamkeit. Wow, nun transportiert ein Heli die frischen Heuballen vom Berg ins Tal und lädt sie teilweise auch gleich beim Hof Oberaxen ab. Mehrere Male fliegt der Heli rauf und runter. «Wir fahren jetzt, kommen Sie bitte!» Vor lauter Begeisterung muss mich die Bahnwartin mehrmals rufen; die anderen beiden Passagiere warten bereits in der schlichten blauen «Kiste». Nach einem Masten kippt die Kabine etwas ein und verursacht bei allen Fahrgästen ein kurzes Atemstocken. Meine Faszination über solche Kleinbahnen ist aber schnell zurück.

Schlussendlich will ich bei Flüelen Gruonbach noch an/in den See um mich abzukühlen. Innert Kürze ziehen dunkle Wolken auf und zeigen ein Gewitter an. Tja, dann eben direkt mit dem ÖV zurück. Kaum sitze ich im Zug, beginnt es stark zu regnen und zu donnern.

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