Gaflei oberhalb Vaduz ist mein Ausgangspunkt. Seit ich zum ersten Mal Bilder gesehen habe vom Fürstensteig und den Drei Schwestern geht mir diese Tour nicht mehr aus dem Kopf. Heute ist es endlich soweit. Beim Aussteigen aus dem Bus lässt mich der Blick nach oben kribbelig werden. Ich kann es kaum erwarten. So geht es denn auch nach einem kurzen Wegstück gleich los. Eine Tafel markiert den Beginn des Fürstensteigs. Schon beim Blick um die ersten Felsen gerate ich aus dem Häuschen. Wie geil ist das denn?! Die gesamte Tour ist derart fesselnd, dass meine Begeisterung die ganze Zeit über auf einem Dauerhoch bleibt – so viel schon einmal vorab.
Bis hoch zum Gafleisattel reiht sich ein landschaftlicher Höhepunkt an den nächsten. Ich habe ein Dauergrinsen um Gesicht, der Fotoapparat ist im Dauerbetrieb und ich bin im Dauerstaunen. Schroff, spitzig, schotterig, geröllig und abschüssig ist das Gelände. Der Wanderweg schlängelt sich schmal und stellenweise mit Tritten, Brettern und Seilen unterstützt durch die Felswände. Die Blicke ins Rheintal sind grandios.
Ich erreiche schon bald den Gafleisattel und kurz darauf als ersten Gipfel den Gafleispitz. Dieser Wegteil war wieder etwas bewachsener. Die Freude steht mir immer noch im Gesicht, denn der weitere Wegverlauf sieht vielversprechend aus. Auf dem Kuegrat mit kunstvollem Gipfelkreuz möchte ich mich verpflegen, doch fliegende Ameisen machen den Essensvorgang schwer und so bin ich nach wenigen Minuten schon wieder auf den Füssen. Sind ja echt unerträglich diese Biester.
Auf dem Weg zum Garsellikopf komme ich mit einem Deutschen ins Gespräch. Wir haben uns bis hierher mehrmals gekreuzt und so beschliessen wir, gemeinsam weiterzuwandern. Er hatte geplant, ganz der Route 66 zu folgen. Als ich zu ihm sage, dass ich die weiss-blau-weisse Route über die Drei Schwestern nehme, schliesst er sich an. Bei der Wegverzweigung kurz ein kleiner «Dämpfer» – nein, es beginnt aber nicht genau hier zu regnen. Glücklicherweise sind es nur wenige Tropfen, sodass dem weiteren Abenteuer nichts im Wege steht. Es wird anspruchsvoller und der Weg bietet einige kurze Kletterpassagen, welche gut gesichert sind. Trotzdem sollte man wissen, wo man die Füsse platziert.
Schwester Nummer 1 ist erreicht, rasch ein «Gipfel»foto machen (ein richtiger Gipfel ist es meiner Ansicht nach nicht) und schnell weiter, denn die fliegenden Ameisen haben auch hier eine Versammlung. Schwester zwei und drei lassen sich nur mit Kletterkenntnissen besteigen. Von unten sehen beide Spitzen eindrucksvoll aus. Das nach wie vor schroffe Felsgelände gefällt mir prima. Mich sprechen vor allem die zwischen die Felsen geklemmten «Holzrugel» an, die als Tritte dienen. Auch eine Leiter ist vorhanden; sie überbrückt eine steilere Felskante. Bevor der Weg wieder an Höhenmetern verliert, kommt das berühmte Felsloch, durch welches der Weg führt. Hier ist selbstverständlich einer der Hauptfotospots für wohl jeden Wandernden, der hier durchkommt.
Über den Sarojasattel, wo es schon wieder grün ist und Kühe weiden, führt der Wanderweg durch den Wald bis zur Gafadurahütte. Ich sehe unterwegs einen mir unbekannten Vogel, welcher sich als Fichtenkreuzschnabel herausstellt. Wir löschen unseren Durst auf der Terrasse und steigen dann ab bis zur Bushaltestelle in Planken. Immer wieder blicke ich zurück auf den felsigen Grat. Im Bus finden dann etliche Berggänger wieder zusammen, die ich ganztags immer wieder traf. Klar, alle hatten ja dieselbe Route begangen – wohl der Klassiker im Fürstentum Liechtenstein. Ich schwelge noch lange, bis ich in meinem gebuchten Bed and Breakfast ankomme und herzlich von der Gastgeberin empfangen werde. Was für ein grandioser Wandertag!
PS: Zwei Tage später ergab sich am Fürstensteig ein Felssturz und der Weg wurde vorübergehend gesperrt.