Ferienzeit – Wanderzeit! Ich beginne sie mit vier erlebnisreichen Tagen im Rätikon. Sozusagen zum Aufwärmen fahre ich nach Malans und nehme die kleine Älplibahn (Platzreservation sehr empfohlen). Mein Ziel ist der 2’375 Meter hohe Gipfel Vilan. Auf dem Weg erblicke ich etliche wunderschöne Orchideen und weitere Alpenblumen. Auch leuchtend orange Feuerlilien sind zu sehen. Über den Messhaldaspitz gehe ich weiter über den luftigen Grat, wo ich einen Schafhirten mit fünf engagierten Herdenhunden treffe. Nach einem spannenden Austausch erklimme ich den Gipfel und lasse meinen Blick über die Jeninser Alp schweifen. Die Gegend gefällt mir. Die Nacht verbringe ich in Maienfeld.
Tags darauf fahre ich nach Seewis, wo ich in die Route 72, den Prättigauer Höhenweg, einsteige. Leider sind die ersten zwei Stunden bis zur Wegkreuzung Cani ein langweiliges Gehen auf einer fahrbaren, befestigten Kiesstrasse. Die einzig vielleicht interessante Abwechslung ist die Schrägseilbrücke, weitere wunderschöne Orchideen und eine kurze Bachüberquerung mit schmaler Brücke. Erst dann geht es über Alpwiesen weiter hoch. Nach rund fünf Stunden erreiche ich die Schesaplanahütte, wo ich übernachte. Zu meiner Überraschung erhalte ich ein «Upgrade». Statt im gebuchten Matratzenlager darf ich im schmucken Einzelzimmer hausen. So cool – ich schätze meine eigenen «Vier Wände». Noch auf der Sonnenterrasse verweilend, kommt ein Helikopter der Rega angeflogen. Wir erfahren später, dass er zwei Wandernde weiter oben im Gebirge abgeholt hat, die sich aufgrund von Schnee und anspruchsvollem Gelände nicht mehr weiter trauten. Später geht mein «Upgrade» weiter, indem ich beim Abendessen jeden Gang persönlich serviert bekomme. Ich fühle mich wie eine Alpenkönigin… Tja, manchmal hat es Vorteile, alleine unterwegs zu sein.
Tag 3 beginnt früh, wie meistens in alpinen Hütten. Ich wandere auf dem Prättigauer Höhenweg weiter ostwärts über teils steile Alpweiden. Heute ist die 2. Etappe dran. Da etliche Leute ebenfalls zur Carschinahütte unterwegs sind, trifft man sich immer wieder. So unterhalte ich mich mehrmals mit einem Paar aus der Romandie. Es ist ein gemütliches Auf und Ab zwischen schroffen Geröllhängen und lieblichen Weiden. Ein Höhepunkt ist sicher der Ausblick vom Gafalljoch auf den Lünersee. Ein Schild macht unmissverständlich klar: Hier beginnt Österreich.
Ich bleibe auf der Schweizer Seite des kahlen Gebirgszugs Kirchlispitzen und nähere mich dem Schweizertor, einer Bergspalte, wo ein weiterer Wanderweg hindurchführt. Die kalkfelsige Bergwelt ist auch hier faszinierend, und gerne würde ich irgendwann einmal all diese weiteren Pfade begehen. Doch heute möchte ich auf direktem Weg zur Carschinahütte. Als ich um eine Wegbiegung komme, sehe ich ein Murmeltier auf den Hinterbeinen stehend, oder ist es Totholz? Doch, es bewegt sich. Ich kann mich ihm nähern und tolle Fotos schiessen. Die beim Universum bestellte Sichtung eines selten gewordenen Alpensalamanders realisiert sich, doch leider ist der kleine Schwarze bereits im Dörrzustand. Tja, da habe ich wohl die Bestellung nicht genau genug aufgegeben ;-o Rasch erneuere ich meinen Auftrag und füge «lebend und agil» hinzu.
Die Carschinahütte steht vor der imposanten Wand der Sulzfluh. In der unwirtlichen Umgebung liegen etliche grosse Felsbrocken, die von der steilen Wand irgendwann einmal herunter purzelten. Ebenfalls zahlreich sind hier die Murmeltiere. So gibt es gar vor einer Türe zu den Toiletten ein 1 Meter hohes Gitternetztor mit Hinweisschild, dass dieses Tor doch bitte stets zu schliessen sei, da sich ansonsten ungebetene Gäste im Keller herumtreiben würden. Die Hüttenwartin meint, es sei wahrscheinlich immer derselbe Mungg. Ich denke, es ist derjenige, der abends lautstark von einem grösseren Stein direkt neben der Hütte pfeift. Müde, und nach einem leckeren Abendessen, falle ich später in mein Bett im Mehrbettzimmer.
Der letzte Tag in dieser Serie beginnt düster. Nebel und Wolken geben kaum mehr einen Blick frei in die Bergwelt. So ist mein Plan, vielleicht doch noch die Sulzfluh zu besteigen, schnell ad acta gelegt. Ich folge weiter der Route 72 und sehe im Grau noch ein Alpenschneehuhn. Je näher ich dem Partnunsee komme, hellt es ein wenig auf und einzelne Sonnenstrahlen kommen durch. So gibt es heute doch noch ein gemütliches Picknick am See. Ich geniesse die Ruhe und entdecke noch eine weitere Orchideenart. Über saftig grüne Hügel und Wiesen nähere ich mich St. Antönien und nehme den Bus zurück in die Zivilisation. Und kaum dort angelangt, kommt in Landquart noch kurz Shopping-Lust auf. Ich unterbreche meine Heimfahrt und besuche das grosse Fashion Outlet. Kaufen tu ich schlussendlich doch nichts.
Dankbar für die vier Tage falle ich wieder daheim zufrieden in mein eigenes Bett. Allerdings nur für eine Nacht, denn es soll fast nahtlos weitergehen. Was mein nächstes Wanderziel ist, erfährst du im folgenden Blogbeitrag.