ist die Freiheit auch grenzenlos. Auf jeden Fall fühle ich mich so auf dieser Wanderung über die Zürcher / St. Galler Kantonsgrenze. Bei noch düsterem Wetter steige ich in Steg im Tösstal aus dem Zug und lege die Strecke bis Ohrüti zurück. Hier gabelt sich der Weg, und ich wähle die Route über Frässenegg, Eggwegwald, Fülliweid zum schön gelegenen Bauernhof beim Bärloch. Über Vorder- und Hinterstrahlegg geht’s weiter bis zum Restaurant Tierhag. Ein letzter ziemlich stutziger Anstieg bringt mich noch ganz aufs Schnebelhorn.
Dieser schöne Sonntag ruft viele Menschen aus ihren Stuben hinaus an die frische Luft. So sind nicht nur einige Wanderwege, sondern auch der Gipfelpunkt selbst sehr gut bevölkert. Die meisten kommen von der Hulftegg her hinauf, was ich ursprünglich auch vorhatte. Ich bin froh, habe ich mich anders entschieden. Genau genommen, weil ich morgens den Bus knapp verpasste und spätere Verbindungen zur Hulftegg für mein Vorhaben nicht mehr ideal waren. Manchmal darf man sich einfach von anderen Kräften führen lassen, nicht wahr?! Jedenfalls treffe ich bei meiner Routenwahl zum höchsten Gipfel des Kantons Zürich wenig Wandernde, zumindest bis zur Alpwirtschaft Tierhag.
Als ich mich dem Bergrücken nähere, erblicke ich etliche kurios gewachsene Bäume. Ich erinnere mich, solche Exemplare auch schon gesehen zu haben, als ich vor längerer Zeit weiter südwestlich unterwegs war. Schon in der Region Schwammegg/Rotstein/Tweralpspitz bis zur Chrüzegg präsentierten sich einige Bäume entgegen der regulären Wuchsform. Hier müssen wohl Verwerfungen oder andere geomantische Störfelder sein. Ich bin fasziniert!
Da es mir auf dem Gipfel selbst zu viele Leute hat, picknicke ich etwas weiter unterhalb und nutze dafür einen dieser speziellen Bäume. Es fühlt sich prima an in der kleinen Stammhöhle. So geniesse ich noch eine Weile die wärmende Sonne und natürlich die grandiosen Anblicke auf die umliegenden Nebelfelder. Wie dicke, bauschige Wattepolster bedecken sie dicht das Unterland. Besonders witzig sind die knapp daraus hinausragenden Hügel. Und so schaut auch der Laubberg aus der dicken Nebelschicht heraus – meine geplante Abstiegsroute. Dies ist ein Tipp aus der Wandercommunity, welcher sich als durchwegs lohnend entpuppt. Weiter staune ich über die vielen lustigen Baumgewächse, das Sonnen-/Nebelspiel und die letzten blühenden Enziane, während ich an der Meiersalp vorbei stiefle. Nochmals erfolgt eine Planänderung. Das Postauto in Libingen erreiche ich nicht mehr respektive, ich will nicht zwei Stunden aufs nächste warten. Tja das heisst, bis Mosnang laufen. Bei Punkt 1147 bleibe ich also auf dem Bergkamm bis Ober Stein. Eilig hab ich es nicht – es zieht mich noch nicht zurück in den kalten Nebel. So raste ich noch einmal auf einer kleinen Anhöhe und bestaune erneut die Szenerie. Imposant thronen der Alpstein und die Churfirsten über dem Weiss. Wie bin ich gerade froh, heute nicht ganztags unter diesem grauen, trostlosen Deckel zu sein. Oben weiss, unten grau.
Schliesslich erreiche ich Rachlis und nähere mich der 1000 Meter-Grenze. Mist, der Nebel rückt immer näher, doch irgendwann muss ich runter. Bei jeder Wegverzweigung entscheide ich mich neu, da es diverse Wege nach Mosnang gibt. Ich wähle den Pfad durch den Bodenwald. Mittlerweile sind meine Haare nass vom Nebel. Es ist saukalt geworden, brrr. Ich passiere eine Schafherde und fühle mit den jungen Lämmern mit. Sie haben noch keinen dicken Wollmantel und haben sicher auch kalt. Eines der Jungtiere ist schwarz und unabhängiger als die anderen. Ich schaue ihm einen Moment zu und muss lachen. Könnte ich sein…, eben anders als die Masse 😉
Wenige Wegbiegungen weiter erreiche ich Mosnang. Bei der Postautohaltestelle gesellen sich nun wieder weitere Wandernde hinzu, nachdem ich auch auf meiner Abstiegsroute kaum andere Menschen traf. Alle frösteln und suchen nach einem warmen Tee oder Kaffee. Offen hat allerdings nur die Krone, und niemand möchte für ein heisses Getränk to go in dieses noble Gilde-Etablissement. Schliesslich kommt das gelbe Gefährt um die Ecke, und da es gut besetzt ist, kann ich mich etwas aufwärmen – Menschenheizung sozusagen.