Yeah, wieder einmal packe ich das Klettersteig-Set ein. Die Vorfreude ist gross, und Begleiterin Romy hat die Besteigung des Schwarzhorns extra für mich aufgespart. Vielen Dank! Ich reise schon am Vorabend zu ihr an den Lungernsee. Ob das Wetter hält? Wir müssen den Entscheid am Tag der Wanderung, sprich bei Ankunft auf Grindelwald-First fällen. Und ja, klare Sicht – es kann losgehen.
Bis zum „Top of Adventure“ nehmen wir die Gondelbahn. Selbst wenn die Angebote hier auf First durchaus adrenalingeladen sind, unser Abenteuer besteht heute im Klettersteig auf das Schwarzhorn. Bis Chrinnenboden laufen wir uns gemütlich warm. Die Wegkennzeichnung wechselt jetzt auf weiss-blau-weiss, und für die folgende Zeit erklimmen wir rund 400 Höhenmeter über immer steiniger und gerölliger werdendes Gelände. Ich liebe diese kargen Gebiete und die Gämsen auch. Elegant springen sie über die Steinbrocken.
Angekommen auf Grossi Chrinne ziehen wir die Klettersteig-Ausrüstung an. Alles sitzt, es kann losgehen! Meine Freude ist mittlerweile noch grösser. Ich bin gespannt auf die fünf senkrechten Leitern, die schon von weitem sichtbar sind. Der Steig ist sehr gut gesichert und mit K2-3 bewertet mittelschwierig. Mittel ist auch die Bergerfahrung und Ausdauer, kraftmässig und psychisch ist der Steig eher einfach einzustufen. Dennoch, Schwindel und Höhenangst sind falsch am Platz. Während des Voranschreitens ertönt ständig das typische Surren der Karabiner während sie entlang der Stahlseile gleiten. Die Reibung der Metalle ist Klettersteig-Musik! Und, die luftigen Leitern sind fürwahr nahezu senkrecht, und nach wenigen Tritten müssen die Karabiner umgehängt werden. Der Kletterfluss wird so ständig unterbrochen, doch „Safety First“… Den einen Arm an einer Sprosse eingehängt, lässt sich mit dem andern Fotos schiessen. Auch das ist immer noch im grünen Bereich, sonst würd ich’s nicht tun…
Das abwechslungsreiche Steigen über den Fels wird mit einem gigantischen Ausblick hinunter auf das Häxeseewli, rüber zum Wildgärst und südlich zum Wetter- und Schreckhorn und natürlich den drei Grossen Eiger/Mönch/Jungfrau belohnt. Das Panorama ist einfach nur Wow! Mit einem High Five klatschen wir das bezwungene Schwarzhorn ab und gönnen uns eine ebenso luftige Verpflegungspause.
Das knapp 3‘000 Meter hohe Schwarzhorn kann auch ohne den Klettersteig erklommen werden, die Route bleibt weiss-blau-weiss, schotterig und stellenweise recht steil. Auch ist Selbstversorger-Modus angesagt. Mir gefallen Berggipfel ohne Restaurant allerdings deutlich besser, nur schon weil die Menschenmassen unten bleiben.
Im Abstieg entscheiden wir uns, ab Chrinnenboden nach Osten über Gratschärem bis zur Schwarzwaldalp zu wandern. Die Strecke zieht sich, bietet jedoch nebst Murmeltier-Sichtung weiterhin grandiose Aussicht auf die massiven Berge. Bei der Schwarzwaldalp reicht es gerade noch für einen leckeren Hausapéro und Kauf von Alpkäse. Dann bringt uns das Postauto über Rosenlaui nach Meiringen. In Lungern verabschiede ich mich schliesslich von Romy und lasse den kurzweiligen Tag während der Zugfahrt nach Schaffhausen Revue passieren – dankbar, dass ich solche Tage erleben darf.