Fast vier Jahre hat es gedauert, um diese Tour von der ersten Idee zur Tat werden zu lassen. Und noch viele Jahre mehr bade ich schon im Rhein. Ich wohne entlang des wohl schönsten Abschnitts zwischen Stein am Rhein und Eglisau. Einfach herrlich, wie sich der rheinische Amazonas hier präsentiert.
Doch wo entspringt er denn? Die Suche nach der Quelle dauert kurz: Lai da Tuma oder Tomasee. Und wie komme ich dorthin und weiter? Schnell ist die Route klar und das verlängerte Wochenende über den Nationalfeiertag nutze ich dafür.
Los geht’s vom Oberalppass. Zuerst rauf zum Pazolastock (2‘739 m) und spannend über den Grat weiter bis das der Weg hinunter zur Badushütte führt. Zu früh für eine Pause, und schliesslich will ich zur Quelle meines Heimatflusses.
In einer wunderschönen Gebirgslandschaft liegt der Lai da Tuma ruhig auf rund 2‘340 Metern über Meer. Der fröhlich springende Bergbach Rein da Tuma fliesst zu und wird deshalb oft bereits als Rheinquelle bezeichnet. Den Rätoromanen verdanken wir die Namensgebung, welche auf die topographische Lage in einer Senke verweist. Der Lai da Tuma ist denn auch Bestandteil des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung der Schweiz.
Ich nähere mich dem dunklen See und mein Herz schlägt schneller. All we have is now, steht auf einem Stein, und ich geniesse die Zeit am idyllischen Tomasee. Freundliche Wanderer lichten mich beim Gedenkstein ab. Beim ersten der insgesamt 1‘320 Rheinkilometern zu stehen, ist für mich ein besonderes Erlebnis. Es kribbelt in meinem Körper. Ich spüre hier und jetzt, welche Bedeutung das Gewässer doch hat für mich. All die schönen Stunden, die ich an, auf und in diesem Fluss schon verbringen durfte… all I have are beautiful memories! Tiefe Dankbarkeit erfüllt mich. Und danke, Vater Rhenus, für den Schutz und die Fruchtbarkeit und Leben schenkenden Aspekte, die dir zugeschrieben werden.
Bis zur Maighelshütte dauert es dann nicht mehr lange. Doch ich verweile zuerst noch beim Lai Urlaun und den weiteren Maighelsseelein. Die Wasseroberfläche ist in Ufernähe mit Igelkolben verziert. Entlang der teils moorigen Ränder wächst Wollgras. Freude erfüllt mich erneut. Ich liebe das strubbelige, vom Wind zerzauste Wollgras. Überhaupt mag ich alle zottigen und „verfransten“ Blumen und Pflanzen – sei es die Küchenschelle oder eben die alpinen Flockenblumen, Rapunzel oder Prachtnelken. Auch die verblühten Alpenanemonen zaubern stets ein Lächeln in mein Gesicht.
Mit zwei ebenfalls Alleinwandernden teile ich zum Abendessen den Esstisch in der Hütte. Ich geniesse das äusserst leckere Essen und nehme noch einen Nachschlag. Der Dessertkuchen wird zum Proviant für den Folgetag…
Ursprünglich reizte mich noch die Besteigung des Piz Cavradi, da ich mir erhoffte, dort einen Blick hinunter auf den Lai da Curnera werfen zu können. Dies gelingt auch ohne zusätzliche 90 Minuten wandern, denn nur 10 Minuten von der Hütte weg kann ich den türkisfarbenen Stausee auch erblicken, wenn auch nur ein kleiner Teil davon. Kurz flammt der Gedanke auf, den Aufstieg zum Sonnenaufgang zu machen, doch ich weiss, allein werde ich es nicht tun. Zudem wollte die Stirnlampe nicht mitkommen… wie praktisch ;-)… und gute Nacht.
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