Roter Dreiländerberg
Juli 10, 2022

Auf der Grenze der Kantone Luzern, Obwalden und Bern liegt das Brienzer Rothorn.  Es ist seit 1892 von Brienz aus durch die Brienz-Rothorn-Bahn erschlossen. Das 1894 fertig gestellte Hotel Kulm wurde 1987 durch ein neues Terrassenrestaurant ergänzt. Eine Reise zwischen Dampflok-Nostalgie und Natur pur.

Ich bin dieses Wochenende rein per Pedes unterwegs. Der Gipfel auf 2‘348 Metern Seehöhe ist von Süden (Brienz) oder von Osten (Brünig) als Höhenwanderung oder von Lungern/Schönbüel her kommend erreichbar. Ich habe mich heute einer Aktivität bei „Gemeinsam Erleben“ angeschlossen, und ich treffe um 9 Uhr auf dem Brünigpass auf meine Mitwanderer. Organisator Freddy hat für uns die Route 65 ausgesucht. 1‘300 Höhenmeter zählt der Aufstieg, und es geht gleich recht steil durch den Wald los. Saftig grüne Wiesen folgen, Alphöfe und Kurzgespräche mit aufgestellten Älplern.

Der Weg wird steiniger und quert einige abschüssige Rinnen, wo Spuren des kürzlich durchgezogenen Unwetters deutlich zu erkennen sind. Wir weichen für einen Streckenabschnitt von der geplanten Route ab und laufen via Chäseren. Hier, beim Alpbeizli, machen wir unsere Mittagsrast und sorgen dafür, dass ein paar Franken in die Alpkasse fliessen. Wer sich traut, die Tür offen zu lassen, kann hier zudem sein Geschäft mit herrlichstem Ausblick auf den Brienzersee verrichten 😉 Nun, ich verdrücke ein Sandwich zu viel und merke, wie mir in der folgenden Stunde das Gehen schwer fällt. Voller Bauch und eine Südhangpassage in schwüler Hitze – ich werde langsamer und muss ein paar Kurzpausen einlegen. Dafür werde ich auf dem Eiseesattel mit einem einzigartigen Rundumblick belohnt. Die Farben des Eisees sind einmalig, und die unzählbaren Purpur-Enziane setzen farbliche Punkte in die reiche Alpinflora. Mein Kopf dreht sich hin und her – nicht Nein-sagend, sondern unschlüssig, ob ich nun den cyanblauen Brienzersee oder den schillernden Eisee bestaunen soll – oder doch auch die schroffen Geröllhalden.

Und dann – nebst Gipfelfoto gibt’s Gipfelwein – merci Freddy! Wir geniessen den atemberaubenden Blick über 693 Berggipfel, so sagt es eine Webseite. Gezählt hab ich sie nicht – mich beeindrucken die Formen der Gipfel, nicht die Anzahl.

Abschied von der Gruppe, denn mit Wanderkollegin Sandra übernachte ich im Berghaus Rothorn Kulm. Mit etwas „höfliche Hartnäckigkeit hilft“ bekamen wir noch ein Bett. Es lohnt sich in doppelter Hinsicht: Wir geniessen ein leckeres Abendessen und verfolgen staunend einen sensationellen Sonnenuntergang.

Tags darauf vervollständigen wir die 6. Etappe des Grenzpfads Napfbergland und begehen den spektakulären Teil der Höhenroute 65 mit sensationellem Hochalpenpanorama. Ein Abstecher mit Kaffeepause am Eisee hat auch noch Platz in der Tagesplanung. Die Aufräumarbeiten rund um das Berghaus und den Sessellift nach dem kürzlich aufgetretenen Unwetter sind noch im Gange. Der klare Eisee hingegen funkelt in grün-blauen Abstufungen – ein (Fischer-)Paradies auf 1’900 Metern über Meer.

Nach dem Eiseesattel führt der Weg teils ausgesetzt hoch an schroffen Felsen vorbei bis Arnihaaggen. Ich zücke so oft den Fotoapparat, dass es wohl alleine vom Eisee sicher 30 Bilder sein müssen… Vom Brienzersee kommen nochmals sicher so viele dazu, und die schroffen Felsen, Abgründe, Hänge usw. werden genauso oft abgelichtet. Bei den Blumen kann ich mich zügeln: Wiesenknöterich, Purpur-Enzian, straussblütige Glockenblume – reicht für heute, grins.

Im Schlussabstieg ab Siwhubel via Totzweg geniessen wir eine letzte Pause mit Panoramasicht auf den Brienzersee und finalisieren den zweiten Wandertag steil hinunter durch den Wald, statt über die versumpften Weiden. Genial war’s!

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