Über die App „Gemeinsam Erleben“ melde ich mich für eine Zweitageswanderung zur Muttseehütte an. Worauf ich mich einlasse, weiss ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Vorab, es soll einmalig und beeindruckend werden. Kurz erklärt: Eine Trittsicherheit erfordernde Wanderung im Glarnerland, vorbei an zwei Stauseen mit toller Aussicht und einer SAC-Hütte.
Ich treffe mich mit Organisator Peter in Affoltern am Albis. Während der Fahrt bis Linthal plaudern wir über Gott und die Welt. Auf meinen Wunsch besuchen wir zuerst noch den Berglistüber Wasserfall, der sich nur fünf Minuten Gehzeit von der Klausenpassstrasse entfernt befindet. Die tosende Schönheit ist definitiv einen Abstecher wert.
Mit der selbst zu bedienenden Luftseilbahn überwinden wir ab Tierfehd in knapp 8 Minuten rund 1‘000 Höhenmeter. Bei der Bergstation Kalktrittli starten wir unsere Wanderung erstmal gemütlich, aber frisch. Für die drei Kilometer durch den beeindruckenden Zugangsstollen zur Baustellenerschliessung des Kavernenkraftwerks ziehen wir Jacke und Leuchtweste an. Schautafeln informieren über das diverse Rekorde haltende Jahrhundertwerk im Glarner Kalk. Es passiert selten, dass mich Bauwerke beeindrucken – heute ist dies wieder einmal der Fall. Denn wo gibt es noch eine Transportseilbahn, die über 40 Tonnen Nutzlast befördern kann? Nirgends sonst, es ist ein weltweiter Superlativ! Die Bogenstaumauer des Limmernsees zeigt sich mit 370 Metern Länge, 9 bzw. 25 Metern Breite und 146 Metern Höhe. Das Stauvolumen beläuft sich 92 Mio. Kubikmeter.
Während und nach dem Aufstieg zur Muttseehütte werden wir durch eine beeindruckende Felslandschaft rund um den Muttenchopf berauscht. Der mächtige Selbsanft auf einer Seite, Kistenpass und Muttenstock auf der anderen Seite, abgerundet durch den Nüschenstock, das Hinter Sulzhorn und den Ruchti. Es ist ausserdem eine ziemlich tierische Wanderung. Angefangen mit einem Alpensalamander (yeah, mein erster), folgen Steinböcke, ein Alpenschneehuhn und abends hinter der Hütte noch ein Fuchs. Die untergehende Sonne zaubert wunderschönste Lichtspiele in die karge und beim näheren Hinsehen durchaus blühende Gebirgslandschaft.
Die Übernachtungsgäste halten sich dank einem Wochentag im Rahmen. Wir werden vom Hüttenteam lecker verköstigt. Auch Arbeiter vom Staudamm kommen zum Abendessen vorbei. Aktuell wird hier auf der Staumauer die grösste alpine Solaranlage der Schweiz gebaut. Mit einer Stauhöhe von exakt 2‘474 Metern über Meer ist der Muttsee der höchstgelegene Stausee Europas, und mit 1‘054 Metern Länge die längste Staumauer der Schweiz. Für den Bau wurden 250‘000 Kubikmeter Beton benötigt, der direkt vor Ort hergestellt wurde.
Der zweite Tag gilt dem Abstieg. Doch zuerst machen wir einen Abstecher zum noch teilvereisten Obersee. Dank Windstille zeigt er uns eine schöne Spiegelung der Gegend. Dann stiefeln wir am Muttenwändli entlang über das karge Nüschentäli und das steile Chalchtrittli zurück zur Bergstation der Luftseilbahn. Dieser letzte Teil weist doch ein paar exponierte Stellen auf – Konzentration ist gefragt. Unterwegs gibt es nochmals ein tierisches Intermezzo: Zwei Hasen. Ja genau, Hasen! Hätte ich in dieser Höhenlage nicht erwartet. Und nochmals Steinböcke.
Sollte sich jemand weiter für das gigantische Bauwerk interessieren oder gar eine Führung buchen wollen, kann diesen Link aufrufen.
https://www.axpo.com/ch/de/private/axpo-erleben/pumpspeicherwerk-limmern.html
Literarisch und fotografisch ist das Pionierprojekt von Rudolf Hug verewigt worden.
https://www.rudolf-hug.ch/jahrhundertwerk-im-glarner-kalk-1.html
Gar kriminelle Verbrechen spielen sich ganz hinten im Glarnerland ab.
https://www.gubler-krimi.ch/tierfehd/